Arbeitsrecht

Die außerordentliche Kündigung im Arbeitsverhältnis

Alte Schreibmaschine mit einem eingelegten Blatt Papier, auf dem groß das Wort 'CANCEL' gedruckt ist.
Dr. Sener Dincer
01.07.2024

Haben Sie eine außerordentliche Kündigung erhalten und sind unsicher, was das bedeutet und wie Sie reagieren sollen? Oder überlegen Sie als Arbeitgeber, ob eine außerordentliche Kündigung gerechtfertigt ist?

Als erfahrener Anwalt für Arbeitsrecht möchte ich Ihnen helfen, Klarheit zu schaffen. In diesem Artikel erfahren Sie alles Wichtige über die außerordentliche Kündigung, ihre rechtlichen Grundlagen und den Ablauf.

Inhaltsverzeichnis

Was ist eine außerordentliche Kündigung?

Eine außerordentliche Kündigung, auch fristlose Kündigung genannt, ist eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne Einhaltung der gesetzlichen oder vertraglichen Kündigungsfristen. Dies ist nur in besonderen Ausnahmefällen möglich, wenn dem Kündigenden die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Diese Kündigung ist im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) unter § 626 geregelt.

Voraussetzungen für eine außerordentliche Kündigung

Wichtiger Grund

Für eine außerordentliche Kündigung muss ein wichtiger Grund vorliegen. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn Tatsachen gegeben sind, aufgrund derer dem Kündigenden die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar ist. Beispiele hierfür sind:

  • Diebstahl: Ein Mitarbeiter entwendet Firmeneigentum.
  • Arbeitsverweigerung: Ein Mitarbeiter verweigert wiederholt die Ausführung seiner Aufgaben.
  • Beleidigung: Ein Mitarbeiter beleidigt seinen Vorgesetzten oder Kollegen massiv.

Ich erinnere mich an einen Fall, in dem ein Mitarbeiter vertrauliche Firmendaten an einen Wettbewerber weitergegeben hatte. In diesem Fall war die außerordentliche Kündigung unumgänglich und wurde vom Gericht bestätigt.

Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses

Die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses muss für den Kündigenden unzumutbar sein. Das bedeutet, dass eine weitere Zusammenarbeit bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist nicht möglich ist. Dies ist oft bei schweren Pflichtverletzungen der Fall.

Prüfung der Verhältnismäßigkeit

Eine außerordentliche Kündigung muss verhältnismäßig sein. Das bedeutet, dass alle milderen Mittel, wie zum Beispiel eine Abmahnung, geprüft und ausgeschöpft werden müssen, bevor eine fristlose Kündigung ausgesprochen wird.

Kündigungsgründe

Sie fragen sich, aus welchen Gründen eine Kündigung erfolgen kann und welche rechtlichen Rahmenbedingungen dabei zu beachten sind? In diesem Abschnitt klären wir die wichtigsten Kündigungsgründe, damit Sie genau wissen, welche Szenarien rechtlich zulässig sind und wie Sie darauf reagieren können.

Verhaltensbedingte Gründe

Verhaltensbedingte Gründe liegen vor, wenn der Arbeitnehmer gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten verstößt. Solche Verstöße können das Vertrauensverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer so stark beschädigen, dass eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar wird. Beispiele hierfür sind:

  • Diebstahl: Wenn ein Arbeitnehmer Firmeneigentum entwendet.
  • Arbeitsverweigerung: Wenn ein Arbeitnehmer wiederholt seine Pflichten nicht erfüllt.
  • Beleidigung: Wenn ein Arbeitnehmer Vorgesetzte oder Kollegen massiv beleidigt.
  • Unentschuldigtes Fehlen: Wenn ein Arbeitnehmer mehrfach ohne Entschuldigung oder wichtigen Grund der Arbeit fernbleibt.
  • Mobbing oder Belästigung: Wenn ein Arbeitnehmer Kollegen schikaniert oder belästigt.
  • Alkoholkonsum oder sonstiger Drogenkonsum am Arbeitsplatz: Wenn ein Arbeitnehmer trotz Verbot alkoholisiert zur Arbeit erscheint.
  • Verrat von Betriebsgeheimnissen: Wenn ein Arbeitnehmer vertrauliche Informationen an Dritte weitergibt.
  • Missbrauch von Arbeitsmitteln: Wenn ein Arbeitnehmer Firmenfahrzeuge, Computer oder andere Arbeitsmittel missbräuchlich nutzt.

In der Regel ist eine vorherige Abmahnung erforderlich, um dem Arbeitnehmer die Möglichkeit zu geben, sein Verhalten zu ändern. Die Abmahnung dient als Warnung und macht deutlich, dass ein bestimmtes Verhalten nicht akzeptabel ist. Eine außerordentliche Kündigung ist daher meist nur dann gerechtfertigt, wenn die Pflichtverletzung besonders schwerwiegend ist oder trotz Abmahnung wiederholt vorkommt.

Personenbedingte Gründe

Personenbedingte Gründe betreffen die Person des Arbeitnehmers und dessen Fähigkeiten oder Eigenschaften. Beispiele hierfür sind:

  • Verlust der Arbeitserlaubnis: Wenn ein Arbeitnehmer aus rechtlichen Gründen seine Arbeit nicht mehr ausführen darf.
  • Längere Haftstrafe: Wenn ein Arbeitnehmer für einen längeren Zeitraum inhaftiert ist und seine Arbeit nicht mehr wahrnehmen kann.
  • Lang andauernde Krankheit: Wenn eine Krankheit oder gesundheitliche Beeinträchtigung den Arbeitnehmer dauerhaft arbeitsunfähig macht.
  • Entzug einer beruflich notwendigen Lizenz oder Fahrerlaubnis: Wenn ein Arbeitnehmer eine für seine Tätigkeit unerlässliche Lizenz oder Erlaubnis verliert, etwa bei Berufskraftfahrern oder Ärzten.
  • Unzureichende fachliche Eignung: Wenn der Arbeitnehmer dauerhaft die notwendigen Fähigkeiten oder Qualifikationen nicht mehr erfüllt, die für die Ausführung seiner Aufgaben erforderlich sind.

Dabei muss stets der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im Einzelfall berücksichtigt werden. Das bedeutet, dass der Arbeitgeber prüfen muss, ob es keine milderen Mittel gibt, die eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist ermöglichen könnten. Der Arbeitgeber sollte abwägen, ob durch andere Maßnahmen, wie z.B. eine Versetzung oder eine vorübergehende Freistellung, die Zusammenarbeit fortgesetzt werden kann.

Betriebsbedingte Gründe

Betriebsbedingte Gründe sind bei einer außerordentlichen Kündigung äußerst selten und kommen nur in Ausnahmefällen vor. Ein solches Szenario könnte eine sofortige Betriebsschließung aufgrund unvorhersehbarer Ereignisse sein. Diese Fälle erfordern eine besonders sorgfältige Prüfung und Begründung, da die rechtlichen Hürden für eine außerordentliche Kündigung aufgrund betrieblicher Erfordernisse sehr hoch sind. Es muss nachgewiesen werden, dass die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses auch nur bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist unzumutbar ist.

Verfahren und Formalien

Die außerordentliche Kündigung ist ein schwerwiegender Schritt, der strengen rechtlichen Vorgaben und formalen Anforderungen unterliegt. Um sicherzustellen, dass die Kündigung wirksam ist und nicht vor Gericht angefochten wird, müssen sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer bestimmte Schritte berücksichtigen. In diesem Abschnitt werden die wesentlichen Verfahren und Formalien erläutert, die bei einer außerordentlichen Kündigung zu beachten sind.

Schriftform der Kündigung

Eine außerordentliche Kündigung muss immer schriftlich erfolgen. Eine mündliche Kündigung ist unwirksam. Das Kündigungsschreiben muss den Kündigungsgrund klar und deutlich benennen.

Anhörung des Betriebsrats

Falls ein Betriebsrat vorhanden ist, muss dieser vor Ausspruch der Kündigung angehört werden. Ohne Anhörung des Betriebsrats ist die Kündigung unwirksam.

Einhaltung der Zwei-Wochen-Frist

Die außerordentliche Kündigung muss innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis des Kündigungsgrundes ausgesprochen werden. Verpasst der Arbeitgeber diese Frist, ist die Kündigung unwirksam.

Rechte und Pflichten des Arbeitnehmers

Anspruch auf Anhörung und Verteidigung

Der Arbeitnehmer hat das Recht, vor Ausspruch der Kündigung angehört zu werden und seine Sicht der Dinge darzulegen.

Möglichkeit der Kündigungsschutzklage

Der Arbeitnehmer kann innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung eine Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht einreichen. Verpasst er diese Frist, gilt die Kündigung als wirksam.

Besondere Schutzrechte

Sonderkündigungsschutz für bestimmte Personengruppen

Ein besonderer Kündigungsschutz besteht für bestimmte Personengruppen, wie:

  • Schwangere und Mütter: Kündigungsschutz während der Schwangerschaft und bis vier Monate nach der Entbindung.
  • Schwerbehinderte: Kündigungsschutz nur mit Zustimmung des Integrationsamtes.
  • Betriebsratsmitglieder: Kündigungsschutz während der Amtszeit und ein Jahr danach.

In diesen Fällen ist eine Zustimmung der zuständigen Behörde erforderlich, bevor eine Kündigung wirksam werden kann.

Häufige Fehler und wie man sie vermeidet

Typische Fehler bei der außerordentlichen Kündigung aus Arbeitgebersicht

  • Nichteinhaltung der Zwei-Wochen-Frist
  • Wenn verhältnismäßig: Keine oder unzureichende Abmahnungen
  • Fehlende oder ungenügende Anhörung des Betriebsrats

Typische Fehler aus Arbeitnehmersicht

  • Verpassen der Klagefrist
  • Keine Prüfung des Kündigungsschreibens
  • Fehlende Dokumentation der eigenen Sichtweise

Fazit

Eine außerordentliche Kündigung muss viele rechtliche Anforderungen erfüllen, um wirksam zu sein. Sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer sollten die geltenden Vorschriften genau kennen und einhalten. Bei Unsicherheiten oder rechtlichen Fragen ist es ratsam, einen erfahrenen Anwalt für Arbeitsrecht zu konsultieren.

Haben Sie Fragen zur außerordentlichen Kündigung oder benötigen Sie rechtliche Unterstützung? Kontaktieren Sie uns für eine individuelle Beratung. Wir helfen Ihnen, Ihre Rechte zu wahren und die bestmögliche Lösung für Ihre Situation zu finden.

Alles zur ordentlichen Kündigung erfahren Sie hier.

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